GuruShots, eine Foto App mit Suchtpotential
Vor etwa drei Monaten sah ich GuruShots zum ersten Mal am Handy einer Freundin. Sie hat es mir kurz gezeigt, aber ich habe kaum etwas verstanden. Auf den ersten Blick wirkte die App furchtbar kompliziert. Aber dann hat mich doch die Neugierde gepackt und ich habe mich angemeldet und die App installiert.
Was ist GuruShots? Man könnte es als Spiel bezeichnen, in dem es darum geht, sogenannte Challenges zu gewinnen. In diesen Challenges dreht sich alles um Fotos zu den unterschiedlichsten Themen. Ziel ist es, den Guru Status zu erreichen.
Die Spielregeln
Wie funktioniert das im Detail? Das wesentliche Element ist der schon erwähnte Status. Nach der Registrierung beginnt man als Newbie und versucht sich dann über mehrere Zwischenschritte bis zum Guru hochzuarbeiten.
Für jedes Level müssen bestimmte Ziele erreicht werden die von Level zu Level schwieriger werden. Um vom Newbie zum Rookie aufzusteigen, werden 1500 Punkte, 3 Mal "Skilled" Level in einer Challenge und ein erfolgreicher Swap benötigt. Der Veteran braucht schon 15.000 Punkte, 5 Mal "All Star" Level und ein Mal Top 20% Ranking. Guru wird man mit 150.000 Punkten, 30 Mal "All Star" Level, 5 Mal "Guru's Pick" und - die größte Hürde im ganzen Spiel - einer gewonnenen Challenge.
Um diese Begriffe zu verstehen muss man wissen wie eine Challenge abläuft. Eine Challenge ist nichts anderes als ein Fotowettbewerb und wird von einem Mitglied veranstaltet, das schon den Guru Status erreicht hat. Je nach Thema nehmen zwischen 5.000 und 20.000 Personen an einer Challenge teil. Die Themen sind völlig unterschiedlich wie "Seeing Borders", "Cold Things" oder "Water Birds". Die Themen können also sehr abstrakt sein, aber auch ganz konkret. Auch die Dauer einer Challenge ist unterschiedlich und reicht von zwei Tagen bis hin zu zwei Wochen. Je nach Challenge nimmt man mit einem oder vier Bildern teil. Sobald die eigenen Fotos hochgeladen wurden, beginnt das Voting. Dazu wählt man aus einer Liste von zufälligen Fotos der jeweiligen Challenge diejenigen Bilder aus, die einem gefallen. Eine Art Tachometer steigt mit der Anzahl der Bilder, die auswählt werden. Es ist sehr wichtig, dass dieser Tacho immer am Anschlag ist, weil es davon abhängt, wie oft die eigenen Bilder den anderen Usern zum Voten angezeigt werden. Während einer Challenge ist man also ständig am Klicken, um die eigenen Fotos im Voting zu halten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass aktiv an der Wahl teilgenommen wird.
Am Ende der Challenge entscheidet die Anzahl der Stimmen über den Rang in diesem Wettbewerb. Hier gibt es mehrere Ergebnisse, auch Achievements genannt, die erreicht werden können. Zum einen hat man ein Level, das von der Punktezahl abhängt. Diese Levels sind Popular, Skilled, Premier, Elite und All Star. Der Veranstalter der Challenge entscheidet, wieviele Punkte für das jeweilige Level nötig sind. Eine andere Wertung ist der absolute oder prozentuelle Rang, zum Beispiel Top 10, Top 100, Top 5% oder Top 20%. Zusätzlich wählt der Guru, der den Wettbewerb veranstaltet, seine eigenen Favoriten aus. Das ist der Guru's Pick.
Ein letztes Element fehlt noch. Während des Votings stehen drei Werkzeuge zur Verfügung, mit denen die Challenge beeinflusst werden kann. Zum einen kann ein sogenannter Boost gestartet werden, auch wenn das Zeitfenster dafür schon vorbei ist. Mit einem Boost wird ein Foto besonders oft bei anderen Usern zum Voting eingeblendet, steht aber nur in einem gewissen Zeitrahmen zur Verfügung. Dann gibt es noch den Autofill, wodurch der Voting Tachometer aufgefüllt wird, ohne dass lange Fotos bewertet werden müssen. Das wichtigste Element ist aber der Swap. Hat man das Gefühl, dass ein Fotot nicht gut ankommt, kann es einfach gegen ein anderes Foto ausgetauscht werden. Bekommt dieses Foto dann mehr Stimmen, hat man einen erfolgreichen Swap erreicht.
GuruShots bietet auch noch einige Social Media Elemente wie Likes, Followers, Kommentare usw., aber die spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Der Weg zum Guru
Meine Registrierung bei GuruShots war am 22. Juli 2018. Die ersten Challenges waren eher mäßig erfolgreich. Mir fehlte noch das Gefühl dafür, welche Fotos für solche Wettbewerbe geeignet sind. Es war auch oft schwierig, passende Fotos für das jeweilige Thema zu finden. Deswegen gibt es auch regelmäßig eine Challenge "Newbies Only", die kein spezielles Thema hat und ausschließlich für neue Mitglieder reserviert ist. Hier kann man seine ersten Erfahrungen sammeln und mit der Plattform vertraut werden.
Dann passierte etwas sehr Interessantes. Abgesehen von Shootings fotografierte ich bisher eher ohne spezielles Ziel. Wenn mir etwas gefiel, drückte ich ab. Mit der Zeit hatte ich aber nur noch das Thema der jeweilgen Challenge im Kopf. Meine Wahrnehmung der Umwelt veränderte sich und reduzierte sich darauf, was zu einem Thema passen könnte. Und was nicht passte, wurde passend gemacht. Schnell wurde aus einer roten Blüte eine orange Blüte, wenn das Thema danach verlangte. Photoshop macht's möglich. Und wenn wirklich garnichts passen wollte, wurde ich kreativ und habe mir ein geeignetes Motiv überlegt. Das Highlight war das Thema Loneliness. Statt draußen verzweifelt irgendwelche Motive zu suchen habe ich meinen Kühlschrank ausgeräumt, geputzt und eine Tomate streng nach der Zwei-Drittel-Regel plaziert. Mir gefällt das Foto immer noch :-) Hier noch ein paar andere Beispiele:
Und so ging es dann weiter und die ersten Levels habe ich schnell erreicht. Bei den höheren Levels wurde es aber schwieriger. Ständig hoffen, ob man den ersehnten Guru's Pick bekommt. Die Freude, wenn es dann soweit war. Dauerklicken im Voting. Natürlich war ich gleichzeitig in mehreren Challenges, immer das Ranking im Hinterkopf. Vielleicht doch noch einen Swap riskieren? Oft war ich eine Zeit lang die Nummer Eins, aber am Ende hat es dann doch nicht gereicht. Sehr frustrierende Momente.
Am 22. August war es dann soweit. Meine Schwester war gerade zu Besuch in Wien und ich glaube sie war leicht genervt, dass ich ständig mit dem Handy beschäftigt war. Diesmal hat es gereicht. Mein Foto von Ronja hat die Challenge Dogs In Action gewonnen! Aber Guru war ich deswegen noch nicht. Ich war so schnell, dass ich noch nicht einmal die nötigen Punkte hatte, die für den Guru Status erforderlich sind. Also musste ich weiterspielen und am 14. September hatte ich endlich die 150.000 Punkte erreicht. Ich war Guru.
Und dann? Nach dem Guru gibt es nichts mehr zu erreichen. Ohne dieses Ziel vor Augen war plötzlich keinerlei Motivation mehr vorhanden, um weiterzuspielen. Ich habe es zwar noch eine Weile versucht, aber es fehlte einfach der Anreiz. Witzigerweise habe ich in der Zeit sogar noch eine Challenge gewonnen. Das Thema war Black and Blue.
Epilog
Was bringt diese Plattform? Lernt man besser zu fotografieren? Ich denke hier scheiden sich die Geister. In den letzten Wochen habe ich sehr viele Fotos gesehen. Die meisten davon nicht näher erwähnenswert. Aber es waren auch verdammt gute Bilder dabei, die mich inspiriert haben und neue Ideen und Sichtweisen zeigten. Nicht selten habe ich mich gefragt, warum ich da noch nicht draufgekommen bin. Andere werden sagen, dass man nur lernt, sich dem Massengeschmack anzupassen. Mir hat es sehr gut getan, die eigene Blase zu verlassen und zu erfahren, was anderen Menschen gefällt. Niemand zwingt mich dazu, nur noch solche Fotos zu produzieren. Aber gerade als Berufsfotograf kann es extrem hilfreich sein, auf spielerische Art und Weise den Geschmack der potentiellen Kundschaft einschätzen zu können.
Einen wichtigen Punkt habe ich bisher verschwiegen. Was kostet es, bei GuruShots mitzuspielen? Grundsätzlich ist die Plattform gratis und man kann so lange mitmachen wie man will, ohne einen Cent auszugeben. Es gibt aber einen Haken. Die drei Werkzeuge, die ich weiter oben erwähnt habe, stehen nur sehr begrenzt zur Verfügung. Nach der Anmeldung hat man gerade mal 2 Swaps, 3 Fills und 2 Keys. Und die sind sehr schnell verbraucht. Durch ein gutes Ranking können gelegentlich ein paar dazugewonnen werden, aber damit kommt man nicht weit. Braucht man mehr, muss man sie kaufen. Und das kann ziemlich teuer werden, vor allem wenn man voll in das Spiel reinkippt. Die aktuelle Preisliste schaut folgendermaßen aus:
Swaps | Fills | Keys | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
|
|
|
Die 3 Monate haben mich ca. 70,- Euro gekostet. Das ist für die kurze Zeit ziemlich viel. Natürlich ist es legitim, dass GuruShots auch Geld verdienen will, zumal die Platform werbefrei ist. Aber die Versuchung ist schon sehr groß, durch übertriebenen Ehrgeiz hier viel Geld auszugeben.
Ein letzter Punkt, der mir bis heute nicht klar ist. Als Guru darf man ja auch Challenges veranstalten. Zumindest wird es so beworben. Davon habe ich aber nie etwas gesehen. Im Grunde ist es mir auch egal. Meine GuruShots Zeit liegt hinter mir.