Ein Grab für Rocky - Der Tierfriedhof Wien
Eigentlich schaut der Sarg wie jeder andere aus. Aber er ist kaum größer als eine Schuhschachtel und auch nicht für einen Menschen bestimmt. Ich befinde mich im Verabschiedungsraum des Tierfriedhofs Wien. Der Sarg steht auf einem schwarzen Tisch, der mit Blumen und Blütenblättern geschmückt ist. Am Rand stehen kleine silberne Kerzenleuchter und viele Teelichter.
Den Wiener Tierfriedhof gibt es seit Ende 2011 und ist der erste auf Wiener Boden. Seitdem wurden hier schon über 500 Tiere beigesetzt und jährlich kommen etwa 130 dazu. Die parkähnliche Anlage besteht aus kreisförmigen Gräberfeldern, die jeweils um einen Baum angeordnet sind. Der Friedhof hat eine Fläche von circa 6000 m2 und liegt gegenüber dem Zentralfriedhof .
Während ich mit meiner Kamera durch die Anlage gehe, winkt mich ein älterer Mann zu sich und wir kommen ins Gespräch. Slobodan ist 60 Jahre alt und hat hier vor 5 Jahren seinen geliebten Rocky beerdigt. Rocky war – der Name lässt wohl etwas anderes vermuten – ein süßer kleiner Pekinese der stolze 17 Jahre alt wurde. Das Grab gleicht einem kleinen Mausoleum und sticht deutlich aus den anderen Gräbern hervor. Slobodan beginnt sofort zu erzählen. Er hat keine Familie und sein Rocky war wie ein Sohn für ihn. Leider verstehe ich vieles von dem was er sagt nicht, weil er recht gebrochen Deutsch spricht. Seit Rocky hier beerdigt ist, kommt er beinahe täglich in den Friedhof und setzt sich auf einen kleinen Klappstuhl vor das Grab. Man kann erahnen, was dieser Verlust für ihn bedeutet.
Der Wiener Tierfriedhof bietet neben Erdgräbern noch Urnengräber, eine Urnenwand und eine Gemeinschaftsurne an. Natürlich kann die Urne mit der Asche auch zuhause aufbewahrt werden. Zusätzlich bietet der Tierfriedhof alle nötigen Dienstleistung an, die für ein Begräbnis benötigt werden, von der Abholung des Haustiers bis zur Grabpflege.
Ganz in Ruhe schaue ich mir auch die anderen Gräber an. Die Liebe, mit der die Gräber geschmückt und verziert sind, ist zutiefst berührend. Windräder drehen sich im Wind und kleine Tierfiguren und Engelchen leisten dem verstorbenen Liebling Gesellschaft. Diverse Spielzeuge, Halsbändchen und Aufschriften mit letzten Grüßen wirken wie eine Mitgift für das Jenseits. Ich habe diese Art von Gräbern schon einmal gesehen. Bei den Kindergräbern im Zentralfriedhof.
Als ich zum ersten mal vom Tierfriedhof gehört habe, dachte ich noch, dass das etwas übertrieben ist. Man sollte ein Haustier nicht vermenschlichen. Und ein Begräbnis ist ein zutiefst menschliches Ritual. Aber inzwischen ist mir klargeworden, dass hier echte Trauerarbeit geleistet wird. Für viele Menschen ist das Haustier zu einem vollwertigen Familienmitglied geworden und entsprechend geht jeder mit dem Verlust auf seine Art um.
Der Tierfriedhof ist eine schöne und sinnvolle Einrichtung, um die Menschen beim Verlust ihrer Haustiere zu begleiten. Unsere Gesellschaft begreift langsam, dass Tiere keine Gegenstände, sondern Wesen mit Gefühlen sind. Es ist daher nur verständlich, dass man den Abschied würdevoll gestalten will und einen Ort schafft, wo man in aller Stille trauern und sich erinnern kann.
Nach etwa einer Stunde packe ich meine Kamera ein und mache mich auf den Heimweg. Slobodan wischt sich die Tränen aus den Augen. Er sitzt noch immer bei seinem Rocky.
Abschließend noch einige Eindrücke vom Tierfriedhof Wien: